Erika Ruckdäschel – ein Portrait

Mit der Schriftstellerin und Dichterin im Gespräch

NEUENDETTELSAU

„Mein erstes Gedicht schrieb ich als Zwölfjährige, es war sentimental-pathetisch und begann: >Richte dein Ohr an die brausende Stille…<“, so Erika Ruckdäschel im Gespräch. Im Jahre 1939 in Ohrdruf in Thüringen geboren, siedelte sie als 16-Jährige allein aus der damaligen DDR nach München über. Dort ging sie einer Bürotätigkeit nach und besuchte das Abendgymnasium. Sie studierte Journalistik und war ab 1973 als Redakteurin beim Evangelischen Presseverband München tätig. 1983 zog sie nach Neuendettelsau um und arbeitete bis zur Pensionierung in einem Diakoniewerk. Erika Ruckdäschel hat mehrfach in Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht, 14 kleine Bücher verfasst und drei Preise gewonnen. „Was ich will“, so Ruckdäschel: „Zeitgeschichte verpacken, Erfahrungen – erzählerisch und in poetische Weitsicht umschlagend. Ich möchte Leuchtkraft vermitteln, für Wörter und für das Leben der Leser. Nicht mehr und nicht weniger wünsche ich mir.“ Erika Ruckdäschel hat zwei Hörspiele an den Bayerischen Rundfunk verkauft und sie interessierte sich zwischenzeitlich für die „Literatur der Arbeitswelt“. Ihre Prosa kreiste um die Humanisierung von Arbeitsplätzen, um die Gefahr der Neutronenbombe, es entstanden auch dementsprechende Gedichte. Diese wurden gedruckt in mindestens 20 Schulbüchern und vielen Anthologien. Auf die Frage, was ihr am Dichten so gefällt, sagte sie: „Gedichte zu schreiben erschien mir nicht unwichtiger, eher im Gegenteil, nur müssten sie über die politisierte Dichtung hinausgreifen. Als Dreizehnjährige schwebten mir >gereimte Ideen< vor, zu pathetischem Vortrag verführend. Ich habe später alles Pathos fürchten gelernt. Am Gedicht interessiert mich seit Langem >nur<: seine Spontaneität, seine Andacht im Alltag, seine schwingenden Signale für andere, der Zeilenrhythmus, der Lautklang. Gefühle genügen nicht. Man muss, so banal das klingt, von der Welt etwas wissen, muss mit verschiedensten Menschen Erfahrungen sammeln, sich Spielräume erkämpfen in einer Welt schwindender Spielräume.“ Abschließend bemerkte Ruckdäschel, „das Schreiben verbindet mit Menschen und ihrer Zeit, lässt Einzigartigkeit erkennen.“ Erika Ruckdäschel wohnt im Therese-Stählin-Heim der Diakonie Neuendettelsau und hat unter anderem in ihrem kleinen Buch „Boskop und Niagara“, das heuer veröffentlicht wurde, auch ein Gedicht über den Sternplatz in Neuendettelsau verfasst, aus dem hier einige Zeilen entnommen sind: „Am Sternplatz noch nie einen Stern gesehen – ich besteige den Bus lieber bei Tag – auf der einzigen Bank – oft gewartet Buch in der Hand – bis das Riesentier heranschlich – heute auf der Bank eine junge Frau liest mein Lieblingsbuch – blickt nicht auf – Haare kurz wie meine aber noch braun…“ Dieses Buch – und auch frühere Ausgaben – sind im Buchhandel zu erhalten. Die hier besprochene Neuerscheinung kostet 6,90 Euro. Erika Ruckdäschel hat sich bereit erklärt, ihre Bücher, wenn gewünscht, mit einer persönlichen Widmung zu signieren. Eine vorherige telefonische Anmeldung im Therese-Stählin-Heim ist ratsam. Kulturell, so meint Ruckdäschel, finde sie im Literaturkreis, der im Clubraum des Wohnparks in Neuendettelsau von Dr. Elisabeth Fuchshuber-Weiß geleitet wird, anregende und oftmals tiefgreifend-interessante Gesprächsthemen. Buchbesprechungen und noch so manches mehr bieten Vielfalt, die ihrer Meinung nach von den Mitbürgern wesentlich besser angenommen werden sollten. Wann diese Veranstaltungen stattfinden, wird jeweils in der Tagespresse und im örtlichen Amts- und Mitteilungsblatt der Gemeinde Neuendettelsau angekündigt. Die Zutaten ihres Glücks sind, so meinte die Autorin abschließend: „Holundergeruch, gutes Schuhwerk bei Regen, neben dir die Zeit wachsen fühlen, mein Atem, Gelassenheit, eine Fingerspitze auf deinem Handrücken.“

Text + Foto: Klemens Hoppe

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