Aufklärender Vortrag: „Vor 100 Jahren – Waffen in der Missionsanstalt Neuendettelsau“

NEUENDETTELSAU

Mitte April lud Dr. Hans Rößler vom Heimat- und Geschichtsverein Neuendettelsau in den Otto-Kuhr Saal bei Mission EineWelt ein – zu einem interessanten und zugleich „brisanten“ Thema.

In der Zeitschrift für Bayerische Kirchengeschichte skizzierte Dr. Hans Rößler bereits 2022 die politische Einstellung der evangelisch-lutherischen Missionsanstalt Neuendettelsau, zudem gab er seine Erkenntnisse zur Geschichte des Wehrverbands „Reichsflagge“ preis. Der ehemalige Studiendirektor am Laurentius-Gymnasium Neuendettelsau bringt die politische Situation nach dem Ersten Weltkrieg in Erinnerung, als das militärische Großgerät an die Siegermächte übergeben werden musste und die Reichswehr auf 100000 Mann reduziert wurde. Die kleinen Waffen aber waren weiter im Umlauf: 2,3 Millionen Gewehre und 58000 Maschinengewehre befanden sich in unkontrolliertem Besitz von Privatleuten, Vereinen und Gruppen.

In Neuendettelsau war die „Reichsflagge“ auf fruchtbaren Boden gestoßen. Der Landwirt Georg Sichert aus Fischbach bei Lichtenau gründete mit 10 Mann die Ortsgruppe, im benachbarten Immeldorf waren es gar 14 Männer, die sich im Missionsseminar trafen. Auf dem Dachboden des Zugführers Hans Ascheneller lagerten 35 Infanteriegewehre, vier schwere Maschinengewehre, fünf leichte MGs, 200 Seitengewehre und 400 Tornister. Die Gruppe gab sich harmlos vaterländisch, im Haus der Mission erklangen flotte Soldatenmärsche und Georg Sichert wetterte gegen die Fesseln des Versailler Vertrags. Der Wehrverband schloss sich der „Arbeitsgemeinschaft Vaterländischer Kampfverbände“ an, in dessen Kreisen General Ludendorff großen Respekt genoss. Ludendorff war am Ostersonntag 1923 sogar im kleinen Immeldorf, um die 200 Mann starke Bezirksgruppe Ansbach zu inspizieren.

Für die Plünderung des Waffenlagers Neuendettelsau im März 1923 fanden die Anhänger der „Reichsflagge“ schnell Schuldige: den „roten Mob“, also Sozialdemokraten und andere, die dem Wehrverband distanziert gegenüber standen. Bezeichnenderweise ermittelte die Polizei nur gegen die Diebe, ignorierte jedoch die Betreiber des Waffenlagers. Unberührt blieben von den Dieben drei Tonnen Rinderfett, die aus Amerika gekommen waren, um den Neuendettelsauer Anstalten zu helfen.

Autor Hans Rößler (er ist auch der Autor der 2017 erschienenen Dokumentation „Nationalsozialismus in der fränkischen Provinz – Neuendettelsau unterm Hakenkreuz“) stützt sich in seinen Publikationen auch auf Erinnerungen Georg Sicherts. Der Vortrag kann per you-tube-Video (48 Minuten) auf der Homepage www.loehe-zeit-museum-neuendettelsau.de angesehen werden.

Textquelle: www.falk-report.de / Werner Falk / Foto: Privat

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