Die Brennereigenossenschaft Rohr ist nun endgültig Geschichte

ROHR (Eig. Ber.)

53 Jahre nach der Gründung fand nun im Evang. Gemeindehaus in Rohr die Auflösungsfeier statt. Liquidator und Altvorstand Wolfgang Straußberger begrüßte letztmals seine Mitglieder zum Abschiedsessen. Besonders begrüßte er den 1. Bürgermeister Felix Fröhlich und Bankdirektor Hans-Jürgen Grosser. Wolfgang Straußberger bedankt sich letztmals bei seinen früheren Kollegen vom Vorstand und Aufsichtsrat, den Brennmeistern Hermann Betsch und Karl Lüdtke für die gute und angenehme Zusammenarbeit und den Zusammenhalt der Brennereifamilie. Bürgermeister Felix Fröhlich dankte Wolfgang Straußberger für seinen Einsatz für die Brennerei, auch beim Verkauf des Brennereigeländes. Anschließend gab Bankdirektor a.D. Hans-Jürgen Grosser einen Rückblick über die Geschichte der Brennerei, die er über 47 Jahre begleitet hat. Die Brennereigenossenschaft Rohr wurde am 26.8.1968 von damals 28 Mitgliedern gegründet. Es wurde ein Brennrecht von 3.000 hl zugeteilt, im Lauf der Jahre wurden noch 1300 hl dazugekauft.

Die Brennerei Rohr war Begründer des traditionellen Brennereifestes. Es war der Treffpunkt für Mitglieder, Verbände, Monopolverwaltung, Zollverwaltung, Behörden und Politiker. Für das Brennereifest gab es viele Nachahmer, aber es gab immer nur ein Original und das war in Rohr, so ist es auch in der Chronik des Verbandes nachzulesen. Im Jahre 1968 gab es ein Fachkolloquium zum Thema „Bio-Äthanol“. Damals waren anwesend Präsident Dr. Ludwig Münsterer, Präsident Otto Korn, Wolfgang Tschammler, Dr. Manfred Weiß, Karl Freller, Marlene Mortler, Prof. Dr. Hans-Joachim Pieper. Es schien vielversprechend, auch durch die Unterstützung der Politik und des Bayer. Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Anschließend startete das Pilotprojekt unter Mitwirkung der Universität Hohenheim, es war einmalig in Bayern und Deutschland. Kräftige Unterstützung erhielten wir durch Min.-Rat Josef Roßmeier. Die regelmäßigen Versammlungen des Brennereiverbandes für Nordbayern fanden immer in Rohr statt, wofür der ehemalige Vorstand Konrad Bär immer gesorgt hatte.

Im Jahre 1997 endete die Ära Konrad Bär, als Nachfolger wurde Wolfgang Straußberger gewählt. Bereits im ersten Jahr seiner Amtszeit musste er eine Negativmeldung verkünden, nämlich die Kürzung des Brennrechtes. Beim Brennereifest 2001 hieß es die Brennereien sind in Not. Die Nachfrage nach Alkohol ist stark steigend, doch könne der Alkohol in Deutschland zu Weltmarktpreisen nicht mehr produziert werden. Bei diesem Brennereifest wurde der 80jährige Konrad Bär für seine Verdienste um das Brennereiwesen mit der Bayerischen Staatsmedaille ausgezeichnet. Das Brennrecht wurde ständig gekürzt und betrug im Jahre 2004 nur noch 50%, was Laut Vorstand Wolfgang Straußberger „Zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel“ war. Kurzfristig keimte nochmals Hoffnung auf, das Branntweinmonopol könnte bis 2017 verlängert werden. Doch beim Brennereifest 2011 sagte Landrat Herbert Eckstein „Das Sterbe-Glöcklein läutet schon“, was auch dem Pressebricht im Schwabacher Tagblatt zu entnehmen ist. Das Branntweinmonopol lief dann im September 2013 aus, es waren nur noch 30% des Brennrechtes vorhanden. Die Unterstützung der großen Politik hat gefehlt. Wenn jede Flasche Schnaps (0,7 l) um  nur 6 Cent mehr gekostet hätte, wäre die Deckungslücke zu schließen gewesen. Die Zahlungen des Bundes an die Monopolverwaltung betrugen für alle Brennereien im letzten Betriebsjahr nur 80 Millionen Euro, ein Hohn, wenn wir dagegen den Berliner Flughafen (BER) anschauen, der in den letzten Jahren vor der Fertigstellung täglich 1 Million Euro kostete oder die Elbphilharmonie von den Kosten von 70 auf 700 Millionen stiegen und die Renovierungskosten des Opernhauses in Nürnberg sollen 1 Milliarde betragen. für den lächerlichen Betrag von 80 Millionen hat man eine ganze Branche der Landwirtschaft kaputt gemacht und viele landwirtschaftliche Betriebe der Existenz beraubt. Ab 2013 wurde die Brennerei abgewickelt, für die nächsten 5 Jahre erfolgte die Auszahlung der Ausgleichszahlungen. Ausgerechnet die EU-Beihilfen haben dafür gesorgt, dass es die Agraralkoholerzeugung durch die Landwirte nicht mehr gibt. Alkohol wird jetzt in Deutschland nur noch von wenigen Industriekonzernen in Großanlagen erzeugt. Die Produktion in kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Brennereien musste aus rein juristischen Gründen aufgegeben werden, obwohl in Zeiten des Klimawandels die regionalen und nachhaltigen Produktionsweisen mehr als erforderlich und angebracht wären. im Jahre 2015 wurde das Brennereigelände an die Gemeinde Rohr verkauft. Im Jahre 2017 (wir berichteten) wurden zwei Urgesteine der Brennerei Rohr geehrt. Wolfgang Straußberger für 20 Jahre als Vorstandsvorsitzender und über 8 Jahre als stv. Vorstandsvorsitzender des Brennereiverbandes, sowie Johann Hechtel 14 Jahre Aufsichtsrat und für 25 Jahre als 2. Vorstand, also 39 Jahre ehrenamtlich tätig für die Brennerei Rohr. In den Annalen der Geschichte des Brennereiverbandes Bayern ist die Brennerei Rohr ein fester Bestandteil. In der von Min.-Rat Franz Donauer herausgegebenen Chronik werden die Brennerei und ihre Verantwortlichen über 30mal erwähnt. Damit die Brennerei auch vor Ort in Erinnerung bleibt, übergab Bankdirektor Hans-Jürgen Grosser eine Weinbrandblase, die er vor über 20 Jahren damals vom Altvorstand Konrad Bär für sein 25jähriges Engagement erhalten hat, an Babette Betz für ihren Museums-Stodl in Prünst, wo schon einige Erinnerungsstücke zu sehen sind, u.a. die Ahnentafel der Gründungsmitglieder. Zum Schluss der Veranstaltung erhielt Wolfgang Straußberger noch einen Geschenkkorb als Dankeschön von seinen ehemaligen Aufsichtsratskollegen.

Text + Foto: Hans-Jürgen Grosser

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