Historischer Brauerei- und Gaststättenspaziergang in Wassermungenau

WASSERMUNGENAU

Die Geschichte über Hopfen, Bier und Brauereien in Wassermungenau stellten die beiden Lokalforscher Willi Böhm und Helmut Billing beim „historischen Brauerei- und Gaststättenspaziergang“ einem interessierten Publikum vor. Beim Besuch des letzten von einst 24 Hopfenbauern konnte der Pflückvorgang verfolgt und der Hopfen mit allen Sinnen erfasst werden. Bei der überaus gut besuchten Veranstaltung des Heimatvereins Abenberg rankte sich alles um die Themen Hopfen, Brauereien, Gasthäuser, Bierkeller und Kegelbahnen. Bis weit ins 17. Jahrhundert zurück gewährte Willi Böhm Einblicke in das „Wirtschaftsleben“ des größten der neun Abenberger Ortsteile – immerhin gab es zwei Brauereien und fünf Gasthäuser. Das reiche Wasservorkommen sowie die Handelsstraße von Nürnberg nach Ulm, die durch Wassermungenau führte, dürften die wichtigsten Elemente der ausgeprägten Brau- und Gastronomietradition des Ortes gewesen sein. Auffallend, bei den Wirthausnamen kamen lediglich der „Rote Ochse“ und der „Schwarze Adler“ ohne „Golden“ aus. Krone, Engel, Ochse, Stern und Lamm waren laut Willi Böhm zufolge mit dem Goldenen Vorzeichen versehen. Böhms Recherchen zeigten auch eine durchschnittlich kurze Lebensdauer der männlichen Brauer und Gastronomen auf. Häufig wurde in der Branche untereinander geheiratet, vermutlich um Schank- oder Braurecht nicht zu verlieren. Durch den Bau der Bahnstrecke Nürnberg – München vor über 150 Jahren verlagerte sich die Situation. Die Poststelle verlor ebenso an Bedeutung wie das Gastgewerbe. Auf Stellwänden präsentierte Helmut Billing viele Fotos zum Thema am Fischbach. Von dort führte die Wanderung am kleinen Hopfengarten von Johannes Weißmann vorbei ins geschichtsträchtige Zentrum. Der Gewölbekeller von Walter (Charly) Braun diente einst als mit Natureis gekühltes Bierlager, in dem die Wasserrinne des Schmelzwasserablaufes heute noch sichtbar ist. Weiter ging es zum Nachbaranwesen Weid. Georg Weid, als leidenschaftlicher Hopfenbauer bekannt, bewirtschaftet mit seiner Familie zwei Hopfengärten mit insgesamt 6000 Stöcken. Für die Gäste schaltete er seine Pflückmaschine an und demonstrierte den Durchlauf von der Rebe bis zur einzelnen Dolde. Freilich kannten viele Besucher sowohl das laute Rattern der Maschine, als auch die laufenden Förderbänder noch. Waren es doch die Wassermungenauer, die sich 1956 nicht nur die erste, sondern auch die leistungsstärkste Hopfenpflückmaschine im Spalter Anbaugebiet anschafften. 1200 Reben pflückte dieses 21 Meter lange und 62000 DM teure Monstrum in der Stunde – immerhin viermal so viel wie die der Spalter Nachbarn. Auch die Trocknung der Hopfendolden konnte besichtigt werden. In all den Jahren hat sich viel geändert im Hopfenbau, sowohl beim Anbau, der Ernte, als auch dem Trocknen und der Lagerung. War früher die Lagerfähigkeit begrenzt, so wird inzwischen mittels Pellets oder Extrakten eine längere Lagerhaltung erreicht. Dies wirkt sich wiederum auf den Preis aus. Nach der zweiwöchigen Hopfenernte werden beim „Weid Scholla“ etwa 30 Zentner von dem „Grünen Gold“ unterm Dach lagern und auf den Abtransport warten. Eine spezielle Art der Weiterverarbeitung beschreiten die zwei Jungbrauer Mathias Weid und Christoph Meyer, sie präsentierten Rezeptur und Zutaten zur Herstellung von Bier. Damit knüpfen sie (im kleinen Stil) an die einstige Brautradition an, als Bier aus Wassermungenau neben dem heimischen Ausschank bis nach Nürnberg und Fürth geliefert wurde. Inwieweit Goethe sich bei seiner Durchreise 1788 mit Übernachtung den Wassermungenauer Gerstensaft munden ließ, konnten auch die beiden Heimatforscher Willi Böhm und Helmut Billing nicht erklären. Letzterer verfügt über ein Archiv des Dorflebens, das einmalig an Sortierung und Umfang sein dürfte. Allein 600 alte Fotos, über 25 Ordner mit Vereinsgeschichten und Zeitungsberichten aller Themenbereiche, und vieles vieles mehr –  schlichtweg am Fischbach beim Billing Helmut schlummert das gesamte Dorfleben von Wassermungenau. Mit Spannung wird die Herausgabe eines Buches erwartet, in dem die Häuser, die Menschen und das Dorfleben der „Wassermumerler“ dokumentiert sein werden.

Text + Fotos: Helmut Walter

 

rechts, Georg (Scholla) Weid mit dem „Grünen Gold“ an der Hopfendarre

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