„Ich erfahre viel Hilfe in Merkendorf“

Ökumenischer Gottesdienst mit Erfahrungsbericht eines Asylbewerbers

MERKENDORF

Der Ökumenische Gottesdienst der  evangelischen Kirchengemeinde Merkendorf und der katholischen Münsterpfarrei Wolframs-Eschenbach fand in der Merkendorfer Stadtkirche statt. Er stand unter dem Motto „Das habt ihr MIR getan… – Wir Christen und die Flüchtlingsfrage“. Stadtpfarrer Detlef Meyer sagte in seiner  Begrüßung, dass die Flüchtlingskrise „die größte Herausforderung unseres Landes ist“. In seiner Predigt ging Münsterpfarrer Jochen Scherzer auf Jesus ein, der ebenfalls ein Flüchtling gewesen sei, als seine Eltern mit ihm kurz nach seiner Geburt vor König Herodes nach Ägypten flohen. „Auch die heutigen Familien wissen um die Bedrohung in ihren Ländern und ziehen Konsequenzen. Sie können es nicht aushalten und fliehen“, sagte Pfarrer Scherzer. Die Fluchtursachen seien vielfältig: Verfolgung, Krieg und Terror zwängen die Menschen zur Flucht. Die Christen in Deutschland sollten Solidarität mit den verfolgten Christen zeigen, was keine Selbstverständlichkeit mehr sei, so der katholische Geistliche weiter. „Gleichzeitig müssen wir als Christen Sorge für alle Flüchtlinge haben.“ Doch das sei gar nicht so leicht. „Wir suchen Argumente dagegen. Die Fragen die wir uns stellen, wie ,Werden wir denn nicht ausgenutzt?‘ oder ,Kommt der Terror mit den Flüchtlingen ins Land?‘ sind berechtigt“, so Scherzer in seiner Predigt weiter. „Wir schaffen das!“ Den berühmt gewordenen Satz von Bundeskanzlerin Angela Merkel griff Scherzer auf. In der jüngeren Geschichte hätten die Deutschen schon viel geschafft. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnten die Heimatvertriebenen aus den Ostgebieten integriert werden. „Da war die Hilfsbereitschaft da.“ Doch man könne die damaligen und die heutigen Heimatsuchenden nicht miteinander vergleichen. Früher hatten Einheimische und Flüchtlinge nach dem Krieg die gleiche Sprache oder auch die gleiche Kultur. Heute kämen Menschen zu uns, die eine andere Sprache, anderes Denken und eine andere Religion haben, gab Scherzer zu bedenken. Die Andersartigkeit mache Angst. Die Helferkreise in den Städten und Gemeinden zeigten aber, dass „etwas wächst“. Die Flüchtlinge werden mit unserer Hilfe zwar nicht zu „typischen Deutschen“. Das müssten sie aber auch gar nicht, erklärte der katholische Pfarrer. „Unsere selbstgemachten Wirtschaftsprobleme bringen uns näher an den Ruin als die Flüchtlinge“, erklärte Jochen Scherzer. Die Bedrohung durch den Terrorismus sei ein gesamtreligiöses Problem. Auch im Christentum gebe es Terror. Scherzer führte den IRA-Terror in Nordirland zwischen Katholiken und Protestanten an und bezeichnete diesen als religiösen und politischen Konflikt.

Die Menschen in Deutschland müssten die Asylsuchenden als Individuen und als Menschen wahrnehmen, schärfte der Geistliche der Gemeinde ein. „Wir brauchen offene Herzen für Flüchtlinge.“ Ebenso müssten die Politiker und die Beamten in den Behörden immer den individuellen Menschen im Blick haben. Im Rahmen des Gottesdienstes kam auch ein Asylbewerber zur Wort, der von seiner Flucht und den Erfahrungen der Hilfsbereitschaft in Bayern erzählte. Denn man wolle nicht nur über die Flüchtlinge reden, erklärte Pfarrer Detlef Meyer. Sarkis Kalandrian, der in einer Flüchtlingsunterkunft in der Merkendorfer Altstadt lebt, erzählte seine Geschichte. Die Gemeinde hörte gespannt zu, als der armenische Christ aus Syrien sine gefährliche Flucht nach Europa vortrug. Er, der seit einem halben Jahr in Merkendorf ist, las von einem Zettel auf Deutsch seine Geschichte vor: Sarkis Kalandrian hatte ein Restaurant und eine Obstplantage in Syrien. Als der Bürgerkrieg 2011 ausbrach, floh er zu seinem Onkel innerhalb Syriens, dann ging es nach Beirut, dann in die Türkei und weiter mit dem Boot nach Griechenland; er und eine Familie. Über die Balkanroute kam er mit dem Bus und Zug nach Deutschland und lebt seit gut einem Jahr in der Krautstadt. In der Nachbarstadt Wolframs-Eschenbach besucht er einen Deutschkurs und arbeitet für die Stadt Merkendorf. Er schneidet die Bäume im Stadtgebiet. Im Helferkreis und in Merkendorf selbst hat er viel Hilfe erfahren. Dafür bedankte sich der Syrer und er hofft hier bleiben zu können.

Text + Foto: Daniel Ammon

 

a Sarkis KalandrianDer Syrer Sarkis Kalandrian berichtete von seiner Flucht nach Merkendorf.

 

 

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