Im Land der großen weißen Wolke

Ein Praxisjahr in Neuseeland

MERKENDORF / NEUSEELAND

Ein Jahr verbrachte Marie Schramm aus Merkendorf in Neuseeland und absolvierte dort ihr Praxisjahr. Letzteres ist Voraussetzung, um an die Ausbildung zur Landwirtin einen Besuch der Meister- oder Technikerschule anschließen zu können. Während andere im elterlichen Betrieb bleiben oder als Betriebshelfer zum Maschinenring gehen, zog es sie in die weite Welt. Sie wollte schon immer mal raus aus Deutschland. Nur, dass sie das direkt im Praxisjahr macht, kam für alle etwas überraschend. „Meine Eltern hielten es anfangs noch für einen Witz“, erinnert sie sich. Spätestens als sie sich dann um ein Visum und eine Auslandsversicherung kümmerte, wurde aber auch ihnen klar, dass sie es durchaus ernst meinte. Zuerst wollte sie nach Australien, aber die Tatsache, dass man dort riesige Strecken zu bewältigen hat, brachte sie letztlich wieder von diesem Plan ab. Hinzu kamen noch die unzähligen giftigen Tiere. Ihr Hauptanliegen war es zudem, auf einem Milchviehbetrieb arbeiten zu können und davon gibt es in Australien nicht viele. Letztendlich kam sie daher auf Neuseeland. Die Landwirtschaft sei dort immer noch stark verbreitet und das Klima sei auch um Welten angenehmer, erklärte Marie. Die Neuseeländer exportieren viele Liter Milch im Jahr, wie sie auf ihren Suchen nach einer passenden Farm im Internet herausfand. Schließlich blieb sie im landwirtschaftlichen Magazin „topagrar“ bei zwei Betrieben hängen. Davon war der eine auf der Nordinsel und der andere auf der Südinsel. Schnell war alles geklärt und Marie saß im Flieger nach Neuseeland. Auf der Farm im Norden erwarteten sie 350 Kühe. Die sind in Neuseeland ganzjährig auf der Weide und werden zweimal am Tag zum Melken gebracht, bevor es zurück ins Grüne geht – dieses System nennt sich Umtriebsweiden. Besonders arbeitsintensiv und anstrengend sei es gewesen, als alle Kühe innerhalb weniger Wochen ihre Kälber zur Welt brachten. Dies sei aufgrund der saisonalen Abkalbezeit so, erklärte Marie. Trotz der vielen Arbeit sei das aber eine sehr schöne Zeit gewesen, erinnerte sie sich. Für die Kühe sei die Zeit kurz vor den Geburten fast wie Urlaub, da sie sechs bis acht Wochen lang nicht mehr gemolken werden, um Ruhe für die Bildung der Kälber zu haben. So können dem Kalb viel mehr Nährstoffe zugeführt werden, die ansonsten bei der Bildung der Milch benötigt werden. Das Trockenstellen sei auch in Deutschland weit verbreitet, nur gebe es hier keine saisonale Abkalbezeit, weil man dafür mehr Platz brauche, erklärte Marie. Gerade dieser stehe den meisten Bauern aber nicht zur Verfügung. Würde man dennoch alle Kühe innerhalb kürzester Zeit kalben lassen, könnte es durch den Platzmangel zu einem Krankheitsproblem kommen, da sich Infektionen auf engem Raum sehr schnell verbreiten. Deshalb sei es den Bauern meist lieber, wenn die Kühe nach und nach gebären, betonte Marie. Als die Kälber geboren waren, ging es natürlich mit der Aufzucht der Kleinen weiter. Sie mussten mit Milch versorgt und die Kühe wieder gemolken werden. Im Gegensatz zu anderen Ländern werden die Kiwis, wie sich die Neuseeländer aufgrund ihres Nationaltiers – dem Kiwivogel – selbst gern nennen, nicht nach Litern, sondern nach den Inhaltsstoffen ihrer Milch bezahlt. Das Hauptaugenmerk liegt auf deren Fett- und Eiweißgehalt. Dadurch achten sie viel mehr darauf, dass die Kühe gute Milch geben und weniger auf die Menge. Hierfür haben die Neuseeländer sogar eine eigene Rasse gezüchtet. Die „Kiwi-Cross“-Kühe sind eine Kreuzung aus den schwarz-weiß gefleckten Holsteinkühen, die es auch in Deutschland gibt, und den braunen Jerseys. Der Mix ist dann schwarz oder dunkelbraun und mittelgroß mit einer guten Milchleistung und vielen der gewünschten Inhaltsstoffe. Neben der Arbeit mit den Kühen half sie auf der Farm mit, neue Zäune zu bauen, das Unkraut zu regulieren oder machte, was gerade so anfiel. Im Anschluss flog sie auf die Farm im Süden. Da wurden aus den 350 Kühen mit einem Schlag 1300. Das sei schon eine richtige Produktionsfarm gewesen, betonte Marie. Ihre Arbeit bestand hauptsächlich darin, die Kühe von der Weide zum Melken zu bringen. Dafür bekam sie sogar ein eigenes Mofa. Die Arbeit fing in der Früh mit dem Holen der Kühe um halb 3 an und dauerte bis etwa halb 10. Anschließend ging es mit anderen Arbeiten. Nachmittags ging es dann nochmals ans Melken. Ganze 6,5 Monate blieb sie dort. Besonders begeisterte sie an Neuseeland, dass die Produktionskosten auf den Farmen sehr niedrig sind. In Deutschland sei dies viel teurer – schon, weil man viel mehr Gebäude brauche und modernere Technik nutze. Die Kiwis können trotz oder gerade wegen ihrer ganzjährigen Weidehaltung sehr gut am Weltmarkt mithalten. Zwar gebe es dort nicht annähernd so viele Auflagen zur Milchviehhaltung wie in Deutschland, aber dadurch, dass es so viele Farmen seien, sei es trotzdem ein sehr hartes Business, was die Bauern zu richtigen Managern mache, erklärte Marie. Natürlich wollte sie sich auch Neuseeland anschauen. Dafür kaufte sie sich ein Auto und schaffte es schnell, sich an den dort herrschenden Linksverkehr zu gewöhnen. An ihren freien Tagen besuchte sie beispielsweise Matamata. Darunter verbirgt sich die Hobbit-Siedlung, die für den Dreh der Herr der Ringe-Filme gebaut wurde und immer noch besichtigt werden kann. Zurück in Deutschland will Marie nun die Landwirtschaftsschule und anschließend vielleicht den Meister in Angriff nehmen.

Text: Marina Hellein / Fotos: Privat

 

a-ab-marie-schrammUm die zahlreichen Kühe besser von der Weide holen zu können, bekam Marie Schramm sogar ein eigenes Mofa zugewiesen.

 

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Die Landschaft ist in Neuseeland wirklich beeindruckend. Nicht umsonst gilt das Land der großen weißen Wolke als eines der schönsten überhaupt.

a-schramm-nz-hobbiton In Matamata steht immer noch das Set für den Dreh der Filmtrilogien „Der Herr der Ringe“ und „Der Hobbit“. Marie lebte einige Zeit lang nur ein paar Kilometer davon entfernt. Da war ein Besuch im „Auenland“ natürlich unumgänglich.

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