Auf Löhes Spuren in Amerika

(von Dr. Hermann Vorländer)
Im Sommer wandelte ich bei einer Reise durch den Mittleren Westen der USA auf den Spuren von Wilhelm Löhe. Mit Erstaunen beobachtete ich, welche Wirkungen der Neuendettelsauer Dorfpfarrer nicht nur für die Arbeit von Mission und Diakonie in Bayern, sondern auch für das Werden der lutherischen Kirchen in USA entfaltete. Am 2. Januar vor 150 Jahren ist er verstorben. Zahlreiche Menschen besuchten einen Gedenkgottesdienst in der St. Laurentiuskirche in Neuendettelsau.

Nach 12 Stationen als Vikar kam Löhe 1837 mit seiner frisch angetrauten Ehefrau Helene nach Neuendettelsau. „Nicht tot möchte ich in diesem Neste sein“, hatte er bei einer ersten Besichtigung des als „Bettelhöhe“ verspotteten Dorfes bemerkt. Doch schon bald entfaltete er neben seiner gemeindlichen Tätigkeit vielfältige Aktivitäten. 1841 veröffentlichte er einen Aufruf des deutsch-amerikanischen Pfarrers Friedrich Wynecken, Pfarrer nach Amerika zu schicken, um die verstreuten Lutheraner in Gemeinden zu sammeln. Er erhielt viele Spenden und bildete in seinem Pfarrhaus zwei junge Handwerker Adam Ernst (1815-1895) und Georg Burger (1816-1847) aus und entsandte sie 1842 als „Nothelfer“ nach USA. Adam Ernst wurde 1843 Pfarrer an der St. Johanneskirche in Union County (Ohio), deren Gemeinde bis 1878 den Namen „Neudettelsau“ trug. Er ging später nach Kanada und gründete dort lutherische Gemeinden. Georg Burger wurde ebenfalls Pfarrer in Ohio und starb bereits 1847 im Alter von nur 31 Jahren.

In Franken herrschte damals nach Missernten und wirtschaftlichen Umbrüchen insbesondere auf dem Land große Armut. Deshalb strebten viele aus der Enge ihrer Heimat in die Weite Nordamerikas. So machte sich 1845 eine Gruppe von15 Menschen aus Neuendettelsau und Roßtal auf, um in Amerika ein neues Leben zu beginnen. Löhe unterstützte dieses Vorhaben, indem er Kapital zum Kauf von Land zur Verfügung stellte. Auch gab er ihnen zwei Glocken und eine Kopie des Altarbildes von St. Laurentius in Wernsbach bei Neuendettelsau mit, das der deutsch-amerikanische Maler Johann M. Enzingmüller nach Dürers Bild vom gekreuzigten Heiland gemalt hatte. Sie siedelten sich in der Nähe von Detroit in Michigan an und gründeten die Ortschaft Frankenmuth. In der bald gebauten und später erweiterten St. Lorenzkirche bildet das Bild den Mittelpunkt des Altarraums. Ein Fenster erinnert an Löhe als Initiator dieser Unternehmung. Die Gemeinde begann rasch mit Missionsarbeit unter den Ureinwohnern (sog. Indianern), die Löhe besonders am Herzen lag. In den folgenden Jahren kamen noch weitere Auswanderergruppen mit Löhes Hilfe in die Gegend und gründeten Frankentrost, Frankenlust und Frankenhilf. Millionen Touristen besuchen heute jährlich Frankenmuth mit seinem bayerisch-fränkischen Flair und einem riesigen Weihnachtsmarkt.

Die Gemeinde in Frankenmuth schloss sich der 1847 gegründeten „Deutschen Synode von Missouri, Ohio und anderen Staaten“ an. Auch Adam Ernst aus „Neudettelsau“ gehörte zu ihren Gründungsmitgliedern, ebenso wie die meisten anderen von Löhe entsandten Nothelfer. Löhe unterstützte anfangs die Entstehung der Synode und förderte insbesondere das Concordia Theological Seminary in Fort Wayne (Indiana). Dort erinnert die „Loehe Hall“ und ein Wandbild an ihn. Doch er verstand das Amt des Pfarrers anders als die Missouri-Synode und zeigte für ihre demokratische Gemeindestruktur wenig Verständnis. So kam es 1853 zum Bruch. Nur zwei seiner Schüler Johann Deindörfer und Georg Großmann blieben ihm treu und gingen nach Iowa. Dort gründeten sie in dem kleinen Ort St. Sebald am Quell ein Seminar und die „Deutsche Evangelisch-Lutherische Synode in Iowa und anderen Staaten“.  Sie gehört heute zur Evangelical Lutheran Church in America. 

Ihre theologische Ausbildung geschieht bis heute im Wartburg Theological Seminary in Dubuque (Iowa). Dort feiern die Studierenden ihre tägliche Andacht in der Loehe Chapel. Das Seminargebäude ist der Wartburg in Thüringen nachgebildet. Am Turm ist die deutsche Inschrift zu lesen: „Gottes Wort und Luthers Lehr vergehen nie und nimmermehr“. Die von Löhe 1852 in Michigan begonnene Lehrerausbildung setzt sich im Wartburg College in Waferly (Iowa) fort. Auch dort erinnert man sich an Löhe. Mit dem Laurentius-Gymnasium in Neuendettelsau gibt es ein reges Austauschprogramm.

Löhe war über den Bruch mit der Missouri-Synode sehr enttäuscht und zweifelte sogar an Gottes gutem Willen. Die Zusammenarbeit mit der wachsenden Iowa-Synode überließ er seinem engsten Freund und Mitarbeiter Friedrich Bauer. Dieser leitete das Missionsseminar, aus dem bis 1925 327 Absolventen nach Amerika entsandt wurden. Löhe wandte sich der Not im eigenen Land zu und gründete 1854 die Diakonissenanstalt, heute Diakoneo. Seit 1857 entsandte er einige Diakonissen nach Amerika, insbesondere an ein Waisenhaus in Toledo (Ohio). Doch wurden diese schnell weggeheiratet, da ein großer Frauenmangel herrschte. Das Foto zeigt die Loehe Chapel im Wartburg Theological Seminary in Dubque (Iowa).

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