„Nachsicht Nachtsicht Nachtschicht“

Christine Diefenbacher stellte ihr Buch als Heilsbronner Nachtwächterin vor

HEILSBRONN

„Seit vielen Jahren gibt es in Heilsbronn wieder eine Nachtwächterin. An festen Terminen führt sie durch die nächtlichen Gassen. Altvertrautes erscheint in neuem Licht und wird in selbstgeschmiedeten Versen erläutert. Lachen und Schmunzeln kommen dabei nicht zu kurz…“, so steht es im Büchlein, das Christine Diefenbacher als Heilsbronner Nachtwächterin kürzlich der Öffentlichkeit vorgestellt hatte. Im Konventsaal am Münsterplatz hatte sie von ihrer Zunft erzählt und Texte aus ihrem Büchlein zitiert. Die Präsentation begann mit dem Klang des Horns, die Hellebarde stand in sicherem Abstand an einer Wand und Diefenbacher betrat in der Kluft einer Nachtwächterin den Saal. Seit 2004 ist sie Stadtführerin und hatte 2008 die erste von mittlerweile etwa 150 Führungen als Nachtwächterin – „und jede war es wert“, ergänzte sie. Als einzige Nachtwächterin in Mittelfranken steht ihr das Alleinstellungsmerkmal zu. Bürgermeister Dr. Jürgen Pfeiffer beglückwünschte Diefenbacher zu ihrem interessanten und gut lesbaren Büchlein, das Einblicke in ihre Führungen gibt. Die Nachtwächterin versäumte es nicht, einige Texte aus ihrem Buch vorzulesen, was den Zuhörern sichtlich Freude bereitete: „Hier in Heilsbronn können die braven Bürger wieder ruhig schlafen, weil Haus und Hof in tiefer Nacht stets eine starke Frau bewacht / Die Nacht verleiht der Seele Helligkeit wie die Sonne dem Tag / Die Sonne lehrt alle Lebewesen die Sehnsucht nach dem Licht. Doch ist es die Nacht, die uns zu den Sternen erhebt.“ Weiter erzählte sie, dass die Nachtwächter im Schichtdienst arbeiteten: Es gab einen Vormitternachtwächter und einen Nachmitternachtwächter. Bis zur Einführung der elektrischen Straßenbeleuchtung mussten die Nachtwächter auch die Laternen anzünden, putzen und notfalls neu bestücken beziehungsweise befüllen. Der Vormitternachtsdienst zündete sie an und der Nachmitternachtsdienst löschte sie. Zwischen ihren Runden ruhten sie sich in der Nachtwächterstube aus und wärmten sich. Das Wachthaus steht noch heute. Dort wurde auch der Pflasterzoll erhoben, eine kommunale Abgabe, die als Gegenleistung für die Benutzung von gepflasterten Straßen erhoben und deren Ertrag für die erstmalige Pflasterung und den Unterhalt des Straßenpflasters verwendet wurde – das war ein weiteres Vorrecht des Nachtwächters… Deshalb befand sich das Wachthaus meist in der Nähe eines Tores. In Heilsbronn gab es daneben noch eine Torwärterstube am Oberen Tor – im heutigen Katharinenturm. Bis weit in das letzte Jahrhundert hinein gab es in Heilsbronn amtlich bestellte Nachtwächter. Insbesondere achteten sie darauf, dass kein Diebsgesindel und keine Einbrecher ihr Unwesen trieben, keine Feuersbrunst unbemerkt blieb, die Einwohner rechtzeitig vor jeglicher Gefahr gewarnt wurden, dass alle stets wussten, was die Stunde geschlagen hatte und niemand verschlief und dass die Tore in der Klostermauer ordnungsgemäß geschlossen wurden. Die Nachtwächter riefen auch die Stunden aus. Stundenrufe und Nachtwächterlieder sind vielfach erhalten: „Hört, ihr Herrn, und lasst euch sagen: unsre Glock hat zehn geschlagen. Zehn Gebote setzt Gott ein; helft, dass wir gehorsam sein!“ Dieser Stundenruf ist bis vier Uhr früh erhalten, danach wurde gesungen: „Alle Sternlein müssen schwinden, und der Tag wird sich einfinden. Danket Gott, der uns die Nacht hat so väterlich bewacht!“

Mit diesem Einblick in das Büchlein kann man sich etwa vorstellen, welch Wissenswertes und Interessantes aber auch Amüsantes Christine Diefenbacher als Heilsbronner Nachtwächterin hier aufgeschrieben hat. Es ist äußerst lesenswert, mit Fotos und besinnlichen Versen ergänzt.

Text: Autorin C.D. + Klemens Hoppe / Foto: Klemens Hoppe

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