Renovierte Riten

Kenia: „Alternative Ritual Programs“ gegen weibliche Genitalverstümmelung
NEUENDETTELSAU (Eig. Ber.)
Weltweit sind nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO etwa 200 Millionen Frauen und Mädchen von Genitalverstümmelung (Female Genital Mutilation, kurz FGM) betroffen. Mehr als vier Millionen Mädchen sind jährlich von FGM bedroht. Die meisten Mädchen sind bei dem Eingriff nicht älter als 15 Jahre. Die Praxis der FGM ist meist tief in den kulturellen Traditionen mancher Länder und Ethnien verwurzelt und oft fest mit Initiationsriten zum Übergang vom Mädchen zur Frau verbunden.
In vielen Ländern ist FGM zwar offiziell verboten, wird aber trotzdem weiterhin im Geheimen praktiziert. Margaret Obaga, Leiterin des Diakonie-Departments der Kenianischen Evangelisch-Lutherischen Kirche (KELC) und ehemalige ökumenische Mitarbeiterin bei Mission EineWelt, berichtet über Ansätze und Strategien in Kenia, die wirksam zur tatsächlichen Umsetzung der Gesetzeslage in die Lebenswirklichkeit beitragen sollen:

„Kenia hat 2001 ein Anti-FGM-Gesetz verabschiedet, aber bis heute wird FGM leider immer noch in einigen Gegenden fortgeführt. Die Regierung hat deshalb zusammen mit Nichtregierungsorganisationen, den spirituellen und ethnischen Führungspersonen und auch der Unterstützung kirchlicher Organisationen wie der KELC Strategien entwickelt, um mit den entsprechenden Gruppen „Alternative Ritual Programs“ (ARPs), also alternative Riten, zu finden. Eine solche ARP ist der sogenannte „Loita Passage Ritus“, der seit einiger Zeit erfolgreich von den Loita-Massai-Völkern im Süden Kenias praktiziert wird. Dabei werden bisherige rituelle Handlungen bis auf die FGM-Praxis beibehalten und mit weiteren Praktiken ergänzt. Ebenso wichtig ist dabei die Arbeit mit (jungen) Männern, damit diese den „neuen“ Ritus auch anerkennen. Die KELC, Partnerkirche der der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB), ist unter den Massai in dieser Region sehr aktiv, klärt über die schlimmen Folgen von FGM für die Mädchen und Frauen auf und fördert die Bildungsarbeit bezüglich der Menschenrechte insbesondere für Frauen und Mädchen.“
Mission EineWelt, Centrum für Partnerschaft, Entwicklung und Mission der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB), unterstützt die Partnerkirche KELC. „Weibliche Genitalverstümmelung ist lebensgefährlich und verursacht lebenslanges Leid. Das geht uns alle weltweit an. Nicht umsonst haben die Vereinten Nationen (UN) in ihren Nachhaltigkeitszielen, den sogenannten SDGs, die Beendung schädlicher Praktiken wie weibliche Genitalverstümmelung sowie Früh-, Kinder- und Zwangsheirat bis 2030 verankert (SDG 5.3). Um dieses Ziel zu erreichen, sind noch weitere große Anstrengungen nötig“, sagt Gisela Voltz, Referentin für Entwicklungsbezogene Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit bei Mission EineWelt.
Auch in Deutschland leben laut Bundesfamilienministerium rund 70.000 Frauen und Mädchen, die von Genitalverstümmelung betroffen sind. Bis zu 15.000 Mädchen in Deutschland sind von weiblicher Beschneidung bedroht.
Text + Foto: Thomas Nagel, Mission EineWelt

Weitere Informationen:
Gisela Voltz gisela.voltz@mission-einewelt.de
Tel.09874-9-1820
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