Ruhe vor dem Sturm oder Sturm im Wasserglas?

Zwei Einschätzungen von Ärzten vor Ort zur Corona-Krise in Tansania

Corona ist auch in Tansania angekommen. 12 bestätigte Fälle gab es bis 24. März 2020. Auch das ostafrikanische Land rüstet sich, so gut es eben geht. Seit 23. März 2020 müssen alle Reisenden, die in Tansania ankommen, für 14 Tage auf eigene Kosten in Quarantäne. Alle werden aufgefordert, nicht unbedingt notwendige Reisen zu unterlassen. Schon seit 16. März sind Schulen und Universitäten geschlossen. Die Medien werden zur Aufklärung der Bevölkerung genutzt. Zwei von Mission EineWelt ausgesendete Ärzte, die in kirchlichen Krankenhäusern in Ilembula und Moshi arbeiten, äußern sich zur aktuellen Corona-Situation in Tansania.

Corona in Tansania – „Die Lage ist noch ruhig“

Werner Kronenberg zur Situation in Ilembula

»Bis heute, 24. März 2020, gibt es nur 12 bestätigte Fälle hier in Tansania. Zur Aufklärung und der Bevölkerung werden alle verfügbaren Medien eingesetzt. Seit letzten Dienstag, dem 16. März 2020 sind alle Schulen und Universitäten im Land geschlossen. Es wird empfohlen, die sozialen Kontakte herunterzufahren und nur die notwendigsten Reisen zu unternehmen. Im Krankenhaus haben wir eine Isolationsstation eingerichtet. Da wir keine Beatmungsgeräte haben, werden wir bei den schweren Verlaufsformen der Krankheit nur sehr wenige Therapiemöglichkeiten haben. Da es im Land kaum Testmöglichkeiten gibt, können wir die Diagnose nur nach rein klinischen Aspekten stellen. Die Lage hier in Ilembula ist noch ruhig. Bisher hatten wir noch keinen einzigen Corona-Fall. Aufgrund der eingeschränkten Testmöglichkeiten werden wir nur sehr schwer einen Überblick über die Situation bekommen. Ein erhöhtes Aufkommen an Patient/innen kann bisher nicht beobachtet werden. Ganz im Gegenteil, im Krankenhaus ist es eher ruhig, und die Menschen kommen nur, wenn es unbedingt notwendig ist.«

Werner Kronenberg arbeitet als Chirurg am Lutheran Hospital in Ilembula, Tansania. Er wurde von Mission EineWelt ausgesendet.

Corona in Tansania – Ausstattung schlecht, Prognose vorsichtig optimistisch

Interview mit Oliver Henke zur Situation in Moshi

Wie ist die aktuelle Situation in Tansania bezüglich Corona? Wie viele dokumentierte Infektionen gibt es?

Es gibt nur 12 positive Fälle, die Dunkelziffer kennt niemand. Für mich ist es statistisch undenkbar, dass in einem der größten touristischen Länder Afrikas mit guten Handelsbeziehungen zu China das Virus nicht schon früher im Land war. Wie auch immer, schwere Fälle haben wir bei uns im Krankenhaus noch nicht gesehen.

Was geschieht zur Aufklärung der Bevölkerung?

Es gibt öffentliche Ansagen mit Lautsprechern und per WhatsApp. Auch die Fernsehsender senden über Corona in einer Dauerschleife.

Gibt es schon Maßnahmen, die ergriffen werden?

Schulen und Universitäten sind geschlossen, Handewaschstationen gibt es vor jedem Laden und eigentlich allen Gebäuden und den Märkten. Im Krankenhaus wird zudem jede/r Besucher/in auf seine/ihre Temperatur hin untersucht und die Hände müssen desinfiziert werden. Im Cancer Care Centre haben wir Restriktionen für Angehörige, die nicht mehr das Gebäude betreten dürfen, sofern der/die Patient/in nicht auf Hilfe angewiesen ist.

Wie bereitet sich das Gesundheitswesen vor?

Es gibt Isolationszimmer in den Governmental Hospitals und nur ein nationales Referenzlabor für die Testungen.

Wie sind die Kliniken ausgestattet?

Schlecht. Das war vor Corona so, und ist auch jetzt so. Ich schätze, 100 Betten mit Beatmungsmöglichkeiten im Land für 55 Millionen Menschen. Angesichts eines chronisch überforderten Gesundheitssystems muss man natürlich die Sinnhaftigkeit aller Maßnahmen hinterfragen. Was bringt es, die Infektionskette zu verlangsamen? Die Kapazitäten sind mit oder ohne Corona überlastet.

Wie bereiten Sie und Ihre Familie sich vor?

Wir persönlich sind aktuell nicht angespannt und planen nur von Tag zu Tag. Wir wollen zunächst einmal im Land bleiben, da die Situation in Deutschland sicherlich nicht besser ist, und hier vor Ort wird unsere Hilfe zudem benötigt.

Wird es in Tansania gelingen, das Virus unter Kontrolle zu halten?

Interessanter ist eigentlich die Frage, ob das Virus hier in Tansania mit einer ähnlich hohen Todesrate einhergehen wird wie in Norditalien, Iran und China. Ich denke nicht, da viele Faktoren, wie jüngere Bevölkerung, viel Aufenthalt im Freien und so gut wie keine Luftverschmutzung, für einen milderen Verlauf sprechen. Wie bereits gesagt, das Virus müsste aller Wahrscheinlichkeit nach bereits im Land sein, und wir haben keine Nachrichten von schweren Verläufen oder vielen Patient/innen. Über eine WhatsApp Gruppe der Botschaft sind alle deutschen Ärzte im Land miteinander in Kommunikation, und so haben wir einen guten Überblick über die Situation.

Krebsspezialist Oliver Henke arbeitet als Onkologe im Cancer Care Center des Kilimanjaro Christian Medical Centre (KCMC) in Moshi, Tansania. Er wurde von Mission EineWelt ausgesendet.

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