Die Bruckberger Heime der Diakonie Neuendettelsau feiern ihr 125-jähriges Jubiläum

Gemeinsam auf dem Weg

BRUCKBERG (Eig. Ber.)

Ein Rückblick auf die bewegte Geschichte der Bruckberger Heime: Anlässlich des Jubiläumsjahrs zum 125-jährigen Bestehen der Bruckberger Heime fand ein historischer Abend mit Gästen und Zeitzeugen im Bruckberger Schloss statt. Es war ein Abend mit vielen interessanten und persönlichen Eindrücken in die 125-jährige Geschichte der Bruckberger Heime. Im Jahre 1892 hatte die Diakonie Neuendettelsau – die damals noch Diakonissenanstalt hieß – das Bruckberger Schloss erworben. Noch im gleichen Jahr wurde die Arbeit mit Menschen mit Behinderung begonnen, die ihnen seitdem die Möglichkeit auf ein möglichst selbstbestimmtes Leben gibt. „Es ist die Summe der Erfahrungen, die uns zu dem machen, was wir heute sind“, betonte Joachim Neuschwander, der Leiter des Bereichs Wohnen Bruckberg. Er begrüßte die vielen Gäste und führte durch den Abend, der musikalisch vom Mitarbeiterchor begleitet wurde. „Jede Generation der Menschen, die hier gelebt und gearbeitet haben, hat immer das Beste versucht, Kämpfe verloren aber auch viele gewonnen“, sagte Neuschwander.

Um ehrliche und authentische Einblicke in die 125-jährige Geschichte zu erhalten, kamen deswegen viele Menschen aus unterschiedlichen Bereichen zu Wort. Den Anfang machte Matthias Honold, Historiker der Diakonie Neuendettelsau. Er erzählte, dass der historische Name der Bruckberger Heime viele Jahre lang „Bruckberger Anstalten“ gewesen sei. „Im Jahre 1854 hatte Wilhelm Löhe die Diakonissenanstalt Neuendettelsau im Bereich der Krankenpflege und Kinderbetreuung gegründet“, berichtete Honold. Das Gebiet der Behindertenhilfe kam als eine der ersten Einrichtungen dieser Art 1866 dazu. „Früher lebten Kinder mit Behinderung oftmals in schlechten Verhältnissen. Löhe sah ihre Not mit offenen Augen und errichte die Einrichtung im Bruckberger Schloss im Jahre 1892“, erzählte Honold. Auch die Geschichte des Schlosses ist facettenreich: Im Jahr 1715 hatte Markgraf Wilhelm Friedrich das Schloss aus crailsheimischem Besitz erworben und renoviert. Nach seinem Tod wurde es abgerissen und 1730 das heutige Schloss neu errichtet. 1762 bezog die Porzellanfabrik aus Ansbach das Bruckberger Schloss, bevor 1837 der Philosoph Ludwig Feuerbach darin wohnte, nachdem er die Tochter des damaligen Inspektors der Porzellanfabrik geheiratet hatte. „Danach wanderte es dann in den Besitz der Diakonie, wo bereits im ersten Jahr 115 Menschen mit Behinderung betreut wurden“, so Honold, der betonte, dass das Hilfsschulwesen und die Werkstätten dabei von großer Bedeutung waren. „Die Bürstenbinderei war eine der ersten Werkstätten. Sie wurde so bekannt, dass schließlich jährlich 23.000 Bürsten verkauft wurden“, erzählte Honold.  Als letztes ging er auch auf die Euthanasie-Ereignisse der Kriegszeit ein, die einen großen Eingriff in die Behindertenarbeit bedeuteten. „Während dieser Zeit wurden über 300 Menschen mit Behinderung aus den Bruckberger Heimen ermordet. Diese Opfer dürfen nicht vergessen werden“, betonte Honold. Das Bruckberger Schloss wurde, wie viele andere Einrichtungen, beschlagnahmt und diente als Lazarett. Nach Kriegsende wurden die Bruckberger Heime rückübereignet und wieder aufgebaut. Derzeit leben über 500 Menschen in den Wohngruppen und Appartements der Bruckberger Heime in Bruckberg, Dietenhofen und Erlangen. Dass sich damals nicht nur Wohnverhältnisse, sondern auch die Arbeitsverhältnisse deutlich von den heutigen unterschieden, erfuhren die Gäste in einem offenen Gespräch mit Zeitzeugen. Dabei kamen ehemalige und aktive Mitarbeitende sowie Bewohner zu Wort, die lebhaft ihre Eindrücke schilderten. „Schlafsäle mit bis zu 25 Betten waren damals normal. Ebenso dass nur drei Mitarbeitende für 35 Bewohner zuständig waren und es keine Dienstpläne gab. Wir hatten pro Woche einen halben Tag und pro Monat einen Tag frei“, erzählte beispielsweise Fritz Schwertberger von Arbeitsbedingungen, die heute kaum vorstellbar sind. Schwertberger kam vor 60 Jahren als Praktikant in die Bruckberger Heime, wurde später Hausleiter des Haus Gottessegen und war als Kuratoriumsmitglied aktiv. Auch die Bruckberger Bürgermeisterin, Anne Wöhl, berichtete von ihrem ersten Kontakt mit den Bruckberger Heimen: „Als wir 1981 nach Bruckberg zogen, klingelte es um acht Uhr morgens an unserer Haustüre. Vor der Tür stand jemand mit einer Zahnbürste und fragte nach Zahnpasta“, erzählte die Bürgermeisterin und entlockte den Festgäste damit ein amüsiertes Lachen. Auch die drei Mitglieder der Bewohnervertretung der Bruckberger Heime sorgten mit ihren lebhaften Erzählungen für eine heitere Stimmung. „Für die Zukunft wünschen wir uns weitere 125 schöne Jahre, motivierte Mitarbeitende und Bewohner, Vielfalt, Aufbrüche für weitere Veränderungen und Gottes Segen“, schlossen die Bewohner gemeinsam mit drei aktiven Mitarbeitenden, bevor Pfarrerin Andrea Eitmann mit der Erzählung vom Weingärtner aus dem Lukasevangelium den Festabend ausklingen ließ.

Fotos: Diakonie Neuendettelsau

 

 

Joachim Neuschwander (Leiter des Bereichs Wohnen Bruckberg) bedankte sich mit einem Blumenstrauß für die Erzählungen bei Marianne Raab (damalige Küchenleiterin der Bruckberger Heime).

 

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