Moria darf nicht die Norm werden

EKD Synode fordert menschlicheren Umgang mit Geflüchteten und effektive Bekämpfung struktureller Fluchtursachen statt Abschottung

NÜRNBERG / NEUENDETTELSAU

Die 12. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat in Reaktion auf den umstrittenen Pakt für Migration und Asyl der EU-Kommission einen 9-Punkte-Katalog beschlossen. Darin werden unter anderem der menschliche Umgang mit Geflüchteten, die Wiederaufnahme der Seenotrettung unter staatlicher Regie, ein Plan für die Verteilung von Geflüchteten in der EU, die sukzessive Abschaffung von Aufnahmelagern nach dem Modell „Moria“, eine umfassende Partnerschaft mit Herkunftsländern zur konstruktiven Bekämpfung struktureller Fluchtursachen und die Schaffung beziehungsweise Ausweitung legaler Migrationswege gefordert. „Ich bin froh, dass die EKD beim Thema Flucht und Migration noch einmal klar Stellung bezieht“, kommentiert Gabriele Hoerschelmann die Beschlussfassung. Die Direktorin von Mission EineWelt war als stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses Ökumene, Mission und Europa federführend an der Erarbeitung des Beschlusses beteiligt. „Es ist erschütternd, dass wir schon die Einhaltung ganz grundlegender ethischer und gesetzlicher Normen, ja einfach der geltenden Asylgesetzgebung einfordern müssen“, beschreibt sie ihre Sicht auf den Pakt für Migration und Asyl der EU-Kommission. Besonders wichtig ist Hoerschelmann, dass die Inhaftierung in geschlossenen Camps an den EU-Außengrenzen unterbleibt. „Moria“, so die Direktorin des internationalen Partnerschaftszentrums der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, „darf nicht der Normalfall werden.“ Zudem sei „statt Abschottung eine Änderung der Politik“ notwendig. „Wir brauchen einen europäischen Politikentwurf, der lokale und globale Gerechtigkeit, Einhaltung der Menschenrechte und Bewahrung der Schöpfung als zentrale Ziele unseres politischen und ökonomischen Handelns propagiert“, fordert Hoerschelmann. „Nur so wird es möglich, die Beseitigung struktureller Fluchtursachen in den Herkunftsländern effektiv und glaubhaft und vor allem in partnerschaftlicher Zusammenarbeit voranzubringen.“ Mission EineWelt thematisiert diese Notwendigkeit seit Jahren in verschiedenen Engagements und Kampagnen wie der Plakataktion „Fluchtwege bitte freihalten. Fluchtursachen bekämpft man nicht mit Mauern“. Entscheidend sei dabei auch, „neue Wege für geregelte und legale Migration zu eröffnen“. Eine weitere zentrale Forderung des Beschlusses ist die Wiederaufnahme der zwischenstaatlichen Seenotrettung. „Es kann nicht sein, dass nicht-staatliche Akteure wie auch die EKD alleine die Verantwortung für die Rettung von Geflüchteten vor dem Ertrinken übernehmen und dafür auch noch kriminalisiert werden“, stellt Hoerschelmann klar. „Seenotrettung muss – insbesondere vor dem Hintergrund der Werte, die sich die EU gerne zu eigen macht – eine staatliche Aufgabe sein.“

Text + Foto: Thomas Nagel / Mission EineWelt

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